Geschichte
Geschichte
(Auszug aus 100 Jahre Mathilden-Apotheke, Festschrift 1996)
Diese Rückschau auf die Geschichte und Entwicklung der Mathilden-Apotheke soll nicht unmittelbar beginnen mit dem eigentlichen Gründungsjahr dieses Unternehmens, dem Jahr 1896. Unser Blick soll uns nämlich zunächst ein wenig in die Vorgeschichte von zwei Menschen aus unterschiedlichen Regionen führen, nämlich Strasbourg und Trier...
In Trier wurde am 12. September 1857 Friedrich Ott als Sohn von Carl Magnus Ott und seiner Ehefrau Elisabeth Henriette, geborene Fritsch, geboren. Nach seiner Schulzeit begann er sein Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München. Dort legte er am 18. Dezember 1885 seine Pharmazeutische Prüfung ab. Wie in der damaligen Zeit üblich, ging er nun auf "Wanderschaft", um seine Kenntnisse zu vertiefen. Diese Tätigkeiten führten ihn durch ganz Deutschland. Eines Tages vertrat er in Woerth im Elsaß den dortigen Apotheker während dessen Urlaub. Dort zu Besuch war während der gleichen Zeit auch die junge Nichte des Apothekers. Diese war die Tochter eines Bahnbeamten in Strasbourg; Hals über Kopf verliebte sich der "alte" Apotheker in die am 15. Mai geborene Mathilde Körber.
Nach erfolgreicher Bewerbung um die Konzession einer Apotheke in Schaffhausen - der ersten Landapotheke links der Saar - beschlossen die beiden, am 11. Januar 1896 in Strasbourg zu heiraten. In der Zwischenzeit gab es aber bei der Einrichtung der Apotheke einige Probleme. Da die Konzession ortsgebunden und damit nur für Schaffhausen gegeben war, regte sich in Wadgassen Unmut da man sich durch die Vergabe benachteiligt fühlte. So verzichtete Herr Ott auf ein Grundstück in der Ortsmitte Schaffhausens. Um es allen Bewohnern recht zu machen, erwarb er ein Grundstück unmittelbar neben dem Bürgermeisteramt, das damit zentral für die Gemeinden Hostenbach, Schaffhausen und Wadgassen lag. Dort wurde 1895 mit den Bauarbeiten zur Errichtung der Apotheke begonnen; ein Jahr später konnte die Apotheke eröffnet werden.
Es folgten sehr schwierige Jahre des Aufbaus. Anfangs schien es so, als ob die Zweifler recht behalten sollten, dass sich auf dem Lande eine Apotheke nicht tragen könne. Man bedenke, dass es zur damaligen Zeit nur zwei Fertigarzneimittel im heutigen Sinne gab: Aspirin und Pyramidon; alle anderen Medikamente wurden auf Verordnung eines Arztes angefertigt, Selbstmedikation im heutigen Sinne gab es noch nicht.
Aus Freude an der Pflanzenwelt, mit der sich der junge Apotheker während seines Studiums intensiv beschäftigt hatte, setzte er in den Garten um die Apotheke allerlei exotische Bäume und Sträucher, die zur damaligen Zeit in unserer Region echte Raritäten waren, so zum Beispiel einen Ginkgo biloba, einen Götterbaum, einen Trompetenbaum, aber auch einen rotblühenden Weißdorn, der regelmäßig zum Geburtstag seiner Frau am 15. Mai in voller Blüte stand.
Vier Kinder wurden dem Ehepaar Ott in zehn Jahren geschenkt. Als ältester Sohn Theo (1896), dann Mathilde (1899), Felicitas (1901) und Waldemar (1906). Wie sehr in der Familie Heilberufe favorisiert waren, sieht man daran, dass von diesen vier Kindern Theo und Waldemar Medizin, und Felicitas zur Freude ihres Vaters Pharmazie studierten. Am 13. Mai 1902 wurde die Apotheke - bis dahin "Apotheke Friedrich Ott" als Firma in das Handwerksregister Saarlouis eingetragen. Um seiner Frau eine Freude zu machen, nannte er sein Lebenswerk "Mathilden-Apotheke".
Für eine Frau war es in der damaligen Zeit schwer, Pharmazie zu studieren. So musste Tochter Felicitas nach dem Schulbesuch in Saarlouis, Saarbrücken und Bonn das Vorexamen 1923 in Trier ablegen, nachdem sie in der väterlichen Apotheke die Praktikantenzeit verbracht hatte. Nun folgte das Studium an der Rupert-Karls-Universität in Heidelberg, wo sie am 5. Juni 1926 die Pharmazeutische Prüfung ablegte. Nach zwei weiteren Jahren Praktikum in der Mathilden-Apotheke erhielt sie dann ihre Approbation als Apothekerin.
Da in der damaligen Zeit für die Apotheken ständige Dienstbereitschaft bestand, war der Apotheker Ott stolz darauf, dass seine Tochter ihn nun vertreten konnte. Man muss wissen, dass es damals für die Apotheken weder einen freien Samstag noch einen dienstfreien Sonntag gab; der Nachtdienst war ohnehin permanent.
Doch dieses Glück und diese "familiäre Zusammenarbeit" währten nicht lange. Im Dezember 1928, als Apotheker Ott mit dem Zug zur Beerdigung eines Kollegen fahren wollte, verunglückte er auf dem Bahnhof in Völklingen tödlich. Dieser schwere Schicksalsschlag warf nun große Probleme für die Apotheke und die Tochter Felicitas auf. Doch dadurch, dass sie selbst Apothekerin war, konnte sie die Mathilden-Apotheke von ihrer Mutter pachten - wegen der Personalkonzession war eine Übernahme aber nicht möglich. Glücklicherweise kannte sie schon zur damaligen Zeit den Diplom Ingenieur Oskar Hertewich aus Reutlingen, der sich nach der Heirat am 20. April 1930 nach seiner Arbeit auf dem Wasserwirtschaftsamt um die alltäglichen Probleme einer Apothekerfamilie kümmern konnte. Im Jahre 1931 kam als erstes Kind Tochter Felicitas, und am 16. Mai 1939 Sohn Theo als zweites Kind zur Welt. Nach dem Tode der Großmutter im Jahre 1943 stand dann die Ungewissheit im Raum, ob die Apotheke weiter in Familienbesitz bleiben konnte oder nicht. Nach den Bestimmungen hatte derjenige Apotheker des Saarlandes einen Anspruch auf diese Apotheke, der die meisten Berufsjahre nachweisen konnte. So wurde die Apotheke, obwohl Felicitas Hertewich sie durch die schweren Kriegsjahre aufopfernd betreut hatte, am 10. Juli 1944 an Apotheker Sack aus Luisenthal vergeben. Nur dem Umstand, dass dieser dann auf die Konzession großzügig verzichtete, ist es zu verdanken, dass die Apotheke weiterhin in Familienbesitz blieb. Apothekerin Felicitas bewarb sich erneut um die Konzession. Nach langer Zeit ungewissen, bangen Wartens kam dann am 3. Januar 1951 der Bescheid, dass sie ab sofort die Apotheke als Leiterin fortführen konnte; so erhielt sie als erste Frau im Saarland die Konzession zum Betreiben einer Apotheke.
Die im Jahre 1931 geborene Tochter Felicitas und ihr Bruder Theo fühlten sich beide zur Pharmazie hingezogen. Erstere studierte in Freiburg, letzterer in Tübingen bei den Professoren Hückel und Auterhoff. Felicitas heiratete nach ihrem Staatsexamen 1958 den Apotheker Dr. Ludwig Trennheuser, den späteren Leiter der Viktoria-Apotheke in Saarbrücken. Fünf Söhne wurden ihnen geschenkt, von denen drei Ärzte und zwei Apotheker wurden.
Die Mutter Felicitas war bis ins hohe Alter aktiv und konnte bis kurz vor ihrem Tode im Jahre 1988 auf ein Apothekenarbeitsleben von 58 Jahren zurückblicken; dies war vor allen Dingen dadurch möglich, dass jung und alt im Apothekenhaus zusammenwohnen konnten.
Nach seinem Staatsexamen im Jahre 1965 und dem Dienst in der Bundeswehr als Stabsapotheker der Reserve arbeitete Sohn Theo nun ununterbrochen in der Mathilden-Apotheke, die er 1986 übernahm. Am 24. August 1968 heiratete er Maria Elisabeth Giebel aus Saarlouis. Diese hatte nach dem Besuch des Abendgymnasiums ihr Abitur und nach zweijähriger Praktikantenzeit ihr Vorexamen abgelegt. Damit erwarb sie auch die kurzzeitige Vertretungsbefugnis.
Zur großen Freude wurden der jungen Familie drei Mädchen geboren: Elisabeth (1969), Brigitte (1970) und Ursula (1975), die sich später alle für die Pharmazie entschieden. Brigitte hat nach ihrer Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin als erste für Nachwuchs gesorgt; nach der Heirat mit Dr. med. Carsten Burkhard hat sie im Mai 1994 Sohn Johannes, im Januar 1998 Tochter Barbara und im August 2002 Sohn Philipp zur Welt gebracht.
Auch Elisabeth, die 1997 ihre Approbation als Apothekerin erhielt, ist inzwischen nach ihrer Heirat mit Dr. med. dent. Klaus Collet ebenfalls dreifache Mutter: Tochter Johanna kam im April 1998, Sohn Peter im Dezember 1999 und Tochter Katharina im April 2004 zur Welt.
Ursula erhielt ihre Approbation als Apothekerin im Dezember 1999 und wurde im Oktober 2002 nach dreijähriger Arbeit im Arbeitskreis Pharmakognosie und Analytische Phytochemie der Universität des Saarlandes (Prof. Dr. Hans Becker) mit 26 Jahren zum Dr. rer. nat. promoviert.
Nach dem plötzlichen Tod von Herrn Theo Hertewich am 03.07.2016 wurde seine Tochter Elisabeth Collet zur Apothekenverwalterin für die Übergangszeit ernannt.
Seit dem 01.01.2017 führt Frau Elisabeth Collet die Mathilden-Apotheke, womit die Apotheke weiterhin in Familienbesitz bleibt.
Die Mathilden-Apotheke ist für ihr zweites Jahrhundert bestens gerüstet. Die Nachfahren in dieser Apotheke dürften mit Gottes Hilfe in 100 Jahren auch noch einen Grund zu feiern haben.
(Die vollständige Ausgabe der Festschrift mit vielen weiteren Informationen, auch zur Geschichte Wadgassens, erhalten Sie auf Anfrage kostenlos in unserer Apotheke!)